In den letzten Beiträgen drehte sich hier auf dem Blog alles nur um das eine große Thema: Onlinehandel auf Amazon und den Prozess von der Produkt-Idee bis zum ersten Verkauf. In dieser FBA Case Study gebe ich Einblicke in meinen eigenen Testlauf, die Hürden und was bzw. wer mir unterwegs geholfen hat.

Auf das Thema Amazon FBA gestoßen bin ich Anfang des Jahres 2016, genauer gesagt im Februar. Ich war nach 5 Monaten Studium in Spanien gerade zurück und nach wie vor auf der Suche nach dem passenden Geschäftsmodell für meine ersten Schritte ins Unternehmertum. Über diverse Blogs und Podcasts kam ich letztendlich zu Amazon FBA. Sofort war ich angefixt von dem Potential und abgeschreckt zugleich von der Fülle an Informationen, die ich darüber fand und die mit jedem gelesenen Satz noch mehr komplexe Strukturen und Fragen aufwarfen. Es war, als würde ich vor einem Berg stehen, den ich bezwingen will, ohne vorher je dafür trainiert zu haben. Eine neue Herausforderung, die mir viel Denkarbeit abverlangte.

Gedankliche Hürden vor dem Start

Ich kann gar nicht genau sagen, was mich eigentlich zurückhielt. Ich war mir dem Potential des Modells bewusst, hatte ein paar Rücklagen, die ich investieren konnte und wollte unternehmerisch starten. Ich glaube, letztendlich stellte mir mein Streben nach Perfektion ein Bein und dadurch verstrich so viel Zeit, dass ich irgendwann ins Zweifeln kam.

Das kennen sicher viele: Du hast eine Idee, bist total überzeugt davon und würdest am Liebsten sofort starten. Durch irgendeine Situation beginnst du dann, dir Fragen zu stellen und zu zweifeln. Je mehr du das tust, desto weiter entfernt sich dann die Euphorie und du beginnst, deine Idee rationaler zu betrachten. Das ist wie ein Schutzreflex, der uns gegen zu überstürzte Vorhaben schützen kann. In meinem Fall war es eher ein Hindernis, was mir fast drei Monate meiner Zeit raubte, weil ich nach dem EINEN perfekten Produkt suchte – die Nadel im Heuhaufen. Und ich kann dir direkt eines vorab sagen:

Das EINE perfekte FBA-Produkt gibt es nicht!

Zwischen Februar und Mai 2016 kämpfte ich also gegen meinen Kopf und die Zweifel. Neben dem Perfektionsstreben war ich hin und her gerissen von Gedanken zwischen „trau dich doch einfach“, „leg endlich los“ und „was wäre wenn…“ bzw. „ich habe aber keine Ahnung von …“. So spontan ich in einigen Sachen auch bin, gehöre ich in anderen wohl eher zur Kategorie risikoavers und unspontan. In diesen drei Monaten war ich dennoch nicht untätig. Ich analysierte Märkte, machte mir viele Notizen und las alles, was mir zu den Themen FBA, eCommerce, Import usw. in die Hände fiel.

Ich wollte starten; aber mein Kriterium dafür war, dass ich auch wirklich verstand, was ich tue. Um meinen Kopf zu überzeugen, erstellte ich mir also eine Art Mini-Guide als Step by Step-Plan, der mir für den kompletten Prozess meines ersten FBA-Produktes dienen sollte. Damit wollte ich vor dem Start klären, welche Schritte ich verstanden habe und wo ich mir noch Wissen aneignen muss. Glücklicherweise ist eine Stärke von mir, dass ich mich schnell und diszipliniert in etwas einarbeiten kann, was mich wirklich interessiert. Und so schrieb ich mir aus der Unsicherheit heraus eine eigene Anleitung, aus der dann später auch diese Blogserie und mein Buch, der FBA Guide entstanden ist.

Zu meinem Glück stieß ich bei der ganzen Recherche zudem auch noch auf einen interessanten Blogpost…

FBA Case Study: Als Amazon-Händler starten mit kleinem Budget

Zwischen Produktrecherche, Streben nach Perfektion und dem Versuch, den Prozess zu verinnerlichen, stieß ich auf einen Blogbeitrag auf Sidepreneur.de. Der Autor beschrieb dort eine Möglichkeit, das Geschäftsmodell zu testen mit nur rund 100 Euro Kapital – eine Summe, die ich als Student notfalls auch als Lehrgeld verkraften konnte. Dort sah ich also meine Chance, ohne viele Ausreden endlich ins Handeln zu kommen und den Prozess kennen zu lernen. Vielen Dank an dieser Stelle an Michael Dohlen!

Worum es in dem Beitrag geht, möchte ich anhand meines eigenen Beispiels kurz zusammenfassen:

Statt – wie in den letzten Beiträgen beschrieben – ein Produkt in größerer Menge und unter der eigenen Marke via Alibaba zu sourcen, konzentriert sich der Testlauf auf den kleinen Bruder: Aliexpress. Das ist die B2C-Plattform, auf der Produkte in kleinen oder einzelnen Mengen bestellt werden können. Um einen Markt bzw. ein Produkt anzutesten und die Prozesse des Amazon FBA Modells besser kennen zu lernen, habe ich dort eine Testbestellung gemacht. Zuvor habe ich potentielle Produkte – wie im Teil 3 der Serie beschrieben – recherchiert und gesammelt, anschließend auf Aliexpress nach Anbietern gesucht und die Preise verglichen. Nach einer Weile hatte ich dann ein Produkt gefunden, was mir gefiel und welches ich zu einem relativ guten Preis einkaufen konnte. Ich sprang also über meinen Schatten und tätigte meine erste Order: 50 Einheiten eines White-Label-Produktes (genau genommen waren es Handyhalterungen für Fahrräder), Warenwert: weniger als 150 Euro.

In den darauf folgenden Tagen durchlebte ich eine Mischung aus Vorfreude und Nervosität. Kommt die Ware überhaupt an? Ist das Produkt so wie beschrieben? Habe ich Geld in den Sand gesetzt? – Aber warum eigentlich diese Gedanken? Letztendlich möchte unser Geschäftspartner auch seinen Ruf bewahren und gute Produkte verkaufen. Dies bestätigte sich dann für mich auch endlich, als nach gut zwei Wochen die Bestellung bei mir eintraf. Zuvor aber noch ein erster kleiner Schreck.

Mein erster Kontakt mit dem Zoll

Ich saß gerade in der Uni, mitten in einer Vorlesung als ich den verpassten Anruf einer fremden Nummer auf meinem Handy bemerkte – ausgegangen vom Zoll in Leipzig. Tausende Gedanken und Worst-Case-Szenarien gingen mir durch den Kopf…

Da mich der Zollbeamte nicht erreichen konnten, bekam ich später am Nachmittag eine E-Mail. Ich sollte den Warenwert meiner Bestellung nachweisen und entsprechende Dokumente dafür zurück schicken. Zuhause angekommen machte ich gleich Screenshots der Bestellbestätigung und allem, was mir für den Nachweis infrage kam. Zugegeben fühlte ich mich wie ein Schwerverbrecher, der seine Unschuld beweisen wollte – dabei scheint dieser Prozess für den Zoll reine Routine zu sein. Für mich war es aber etwas völlig Fremdes! Ohne Probleme wurde meine Ware dennoch anschließend weitergeschickt. Bereits am nächsten Tag konnte ich das Paket dann in Empfang nehmen und die Kosten inklusive Einfuhrumsatzsteuer von knapp 36 € direkt an der Haustür zahlen.

Ware kontrollieren, umpacken und etikettieren

Ich machte mich auf das Schlimmste gefasst, als ich den ausgebeutelt und mit viel Tape verklebten Karton öffnete (China ist wohl nicht gerade um die Ecke) – aber die Katastrophe blieb aus. Die Ware war vollzählig, unbeschädigt und entsprach genau der Beschreibung. Da ich mich zuvor mit den Richtlinien von Amazon beschäftigt hatte, wusste ich schon, was als nächstes auf mich zukommt:

Das Listing hatte ich bereits angelegt, also konnte ich mir nun die benötigten Etiketten ausdrucken. Label-Papier habe ich mir dafür bereits vorher besorgt, ebenso die vorgeschriebenen Polybags. Nun machte ich es mir also bequem, breitete die gesamte Ware vor mir aus und ließ mich auf die Arbeit ein: Alle Wareneinheiten habe ich in die neuen Polybags verpackt, mit eigenen Visitenkarten und Etiketten versehen und in einen neuen Karton umgepackt.

Und so sah das ganze dann aus:

Ertse-FBA-Bestellung-2

Mit Versandetikett beklebt, schickte ich dieses dann ein paar Tage später auf die Reise ins Amazon-Lager und das war’s! Nun hieß es nur noch abwarten, bis die Waren im Lagekommen angekommen und auf Bestand gebucht war.

Ich ging bei dem Test ähnlich vor wie Michael: Ich schaltete weder zusätzliche Werbung auf Amazon noch bemühte ich mich um Bewertungen. Zudem hatte ich relativ viele Konkurrenten mit sehr ähnlichen Produkten, die zum Teil auch günstiger waren. Ich stecke aber viel Arbeit in die Keywordrecherche und mein Listing und versuchte den Kunden damit von meinem Produkt zu überzeugen.

Nachdem meine Ware endlich auf Bestand gebucht wurde, ging mein erstes Produkt an einem Donnerstag Abend auf Amazon online.

Die ersten Tage

Ein großer Fehler war wohl, dass ich mir die Amazon Seller App aufs Handy lud. Der Suchtfaktor übertrifft sämtliche Computerspiele! Ich aktualisierte gefühlt alle paar Minuten meine Verkäufe und fühlte mich schon wie ein Zombie – aber es passierte erstmal gar nichts.

Erst am Samstag kamen die ersten beiden Bestellungen rein, am Sonntag dann wieder nichts. In der nächsten Woche kamen dann wieder Bestellungen hinzu, sodass ich nach den ersten sieben Tagen insgesamt 11 Bestellungen verbuchen konnte. Ab der folgenden Woche ging alles plötzlich nochmal schneller: Die Verkäufe wurden mehr und erreichten einen Höhepunkt von 11 Bestellungen an einem Tag. Ich ging ziemlich schnell Out of Stock mit einem reinen Gewinn von rund 300 Euro nach knapp über 2 Wochen. Vielleicht keine Glanzleistung im Vergleich zu anderen Erfolgsstories, aber dennoch eine, die meine Erwartungen bei Weitem überstieg und mir zur Entscheidung verhalf, mit FBA weiterzumachen.

Bedenke: Ziel des Testlaufes war es nicht, möglichst große Gewinne zu erwirtschaften. Vielmehr habe ich mich darauf konzentriert, am laufenden Prozess zu lernen und im Idealfall das eingesetzte Kapital wieder heraus zu bekommen. Ich wollte den Import ausprobieren, ein erstes Listing erstellen, testen, wie arbeitsintensiv die administrativen Aufgaben werden und natürlich, ob sich das alles für mich auch lohnt.

Der Test war für mich bestanden!

Während ich in der zweiten Verkaufswoche nach neuen Produkten suchte, habe ich mich auch für eine Nachbestellung des ersten Produktes (in etwas größerer Menge als zuvor) entschieden. Ich konnte dadurch dann mit dem Händler auch einen besseren Preis aushandeln. Der Prozess lief wieder ähnlich ab wie beim ersten Mal, fühlte sich für mich aber schon deutlich angenehmer und vertrauter an als zuvor. Schon allein aus diesem Grund möchte ich jedem, der ähnlich zweifelhaft und unspontan ist, wie ich es war, diesen Testlauf ans Herz legen!

Meine Nachbestellung und das zweite Produkt sind relativ bald und auch ohne größere Überraschungen online gegangen. Meine FBA-Reise ging also weiter und die nächsten Produkte waren bereits in Planung.

Motivation, Tools und Hilfe von außen

Seit meinem ersten Testlauf mit FBA sind bisher einige Jahre vergangen. Sowohl zwischen der ersten Berührung mit dem Geschäftsmodell und der ersten Bestellung, als auch zwischen den einzelnen Schritten lag viel Zeit. Insgesamt hätte ich den Prozess auch etwas beschleunigen können, allerdings hatte ich noch ein paar andere Aufgaben, die erledigt werden wollte. Dann lieber etwas später, dafür konzentriert und mit neuer Energie an die nächsten Schritte gehen.

Ich hätte damals zudem nicht gedacht, dass mir die Arbeit rund um den Handel mit physischen Produkten so viel Spaß macht. Der Lerneffekt ist enorm und all die Mühen und Vorbereitungen waren somit nicht umsonst. Und die wachsende administrativen Aufgaben wurden mit der Zeit durch gute Tools immer weiter vereinfacht.

Zugegeben, der Weg bis zum ersten Produkt hat natürlich einige Fragen aufgeworfen, die ich nicht immer gleich selbst beantworten konnte. Glücklicherweise bin ich relativ früh während meiner Reise auf Quellen wie Private Label Journey aufmerksam geworden. Sowohl die Mitglieder der Facebook-Gruppe, als auch die Gründer selbst haben mir im Laufe der Zeit einige offene Fragen beantwortet.

Übrigens: Wenn du auch mit FBA starten willst, dich für den US-Markt interessierst und den gesamten Prozess von einem absoluten Import-Profi lernen willst, dann kann ich dir die Import Dojo Masterclass empfehlen! Manuel Becvar lebt selbst seit vielen Jahren in Asien und hat über 15 Jahre Erfahrung im Business, die er in diesem Online-Kurs teilt.

Ein paar Worte zum Abschluss der FBA Case Study

So sahen meine ersten Gehversuche an der Hand des Giganten Amazon im Detail aus. Aus meiner Reise nehme ich in dieser kurzen Zeit jede Menge Erfahrungen mit. Eine davon ist, dass man nach Hilfe bzw. Informationen fragen sollte, wenn man sie benötigt. Auch hinter den großen Gurus im FBA-Dschungel stecken Menschen wie du und ich.

Zudem glaube ich, dass man mit einer guten Idee, von der man überzeugt ist, nicht zu lange warten sollte. Wer anfängt zu zögern und zweifeln, kann bereits viel Potential verschenken. 100% Sicherheit wirst du wohl in keinem Geschäftsmodell finden. Aber eine objektive und leicht risikofreudige Haltung, sowie der Wille, etwas zu lernen und am laufenden Prozess zu wachsen, bilden eine gute Einstellung für den Start ins Unternehmertum.

Wenn die erste Mail von Amazon dich erreicht, mit dem Inhalt:

“Guten Tag, unser Logistikzentrum hat den angeführten Auftrag im Rahmen unseres Programmes “Versand durch Amazon” an einen Ihrer Kunden versendet…“,

dann weißt du, dass deine Entscheidung richtig war und du weitermachen willst – so war es zumindest bei mir!

Falls du dir noch andere smarte Modelle im E-Commerce anschauen willst, dann interessiert dich vielleicht auch mein Beitrag über Print on Demand mit Shopify.


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Alle Beiträge der FBA-Serie:

  1. Vor dem Start
  2. Vorbereitungen für FBA
  3. Produktrecherche und Kriterien
  4. Herstellersuche und Erstkontakt
  5. Ware bestellen und importieren
  6. Listing und Launch
  7. FBA Case Study